Dr. med. Thomas Strohschneider / Facharzt für Allgemein- und Gefäßchirurgie. Er studierte Chemie und Humanmedizin an den Universitäten Tübingen und Montpellier. Zuletzt arbeitete er acht Jahre als Chefarzt für Gefäßchirurgie an einer privatwirtschaftlich geführten Klinik und war in der Katastrophenhilfe in verschiedenen Ländern Afrikas aktiv. Er lebt bei Stuttgart.
„Sehr geehrter Herr Knauf,
seit Jahren beschäftige ich mich intensiv mit dem Thema „Krankenhaussterben“. Ich verfolge Entwicklungen in ganz Deutschland und bin in diesem Zusammenhang auch auf Ihren Einsatz und Ihren Kampf für das Melsunger Krankenhaus gestoßen, auch auf Ihr Bündnis “Melsunger Klinik vorantreiben”.
Kliniken kleiner und mittlerer Größe werden die Opfer einer desaströsen Krankenhauspolitik. Es drohen viele weitere Schließungen. Es wird – vor allem wenn die Pläne der Bundesregierung (z.B. das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz) umgesetzt werden – noch viele weitere Kliniken treffen. Das Versprechen, die vom Netz genommenen Krankenhäuser gleichwertig mit interdisziplinären MVZ zu ersetzen, ist eine Illusion und eine „Beruhigungspille“ für die betroffene Bevölkerung. Ein MVZ, intersektorales oder interdisziplinäres Gesundheitszentrum, Gesundheitshaus, Krankenhaus Level Ii (siehe geplantes Reformgesetz) kann ein Krankenhaus nicht annähernd adäquat ersetzen. Wer das behauptet, täuscht die Menschen und das tun derzeit viele Politiker.
Ebenso ist die Schließung von Abteilungen bzw. deren Verteilung an verschiedene Standorte, nur um einen Krankenhausstandort zu sichern, eine ganz schlechte Strategie. Man kann kranke Menschen nicht in „Disziplinen“ aufteilen, nur weil man wirtschaftliche Aspekte im Auge hat. Das schwächt die medizinische Versorgung insgesamt. Noch schlimmer ist das Auswählen möglichst gewinnverheißender Abteilungen – Sparten, die keine Gewinne bringen, werden geschlossen. Leitragende sind z.B. Kinder und Schwangere.
Keine Frage: Die Schließung der einen oder anderen Klinik oder Zusammenlegungen von Kliniken in Ballungsräume sind unausweichlich und manchmal sinnvoll. Was aber derzeit passiert, ist vor allem ein Sterbenlassen von Kliniken nach wirtschaftlichen Kriterien und nicht nach der Abwägung, welche Kliniken sind für eine gute, flächendeckende und zeitkritisch notwendige Abdeckung der Notfall-, Grund- und Regelversorgung einer Bevölkerung notwendig.
Ich empfehle Ihnen mein Buch „Krankenhaus im Ausverkauf“, das 2022 im Westendverlag Frankfurt erschienen ist. Es beschäftigt sich mit vielen fundamentalen Problemen im Krankenhauswesen aus der Sicht eines Praktikers. Unter anderem mit dem Kliniksterben, aber auch mit der Übernahme von immer mehr Krankenhäusern in Deutschland durch renditeorientierte private Klinikkonzerne. Ein Thema, das derzeit in allen Gesetzesplanungen möglichst vermieden wird. …
Ich bin derzeit viel unterwegs in fast allen Regionen Deutschlands zu Vorträgen, Diskussionsveranstaltungen, in Rundfunksendungen u.a. und erlebe leider immer das gleiche Muster: Es bilden sich Bündnisse gegen die Schließungen von Krankenhäusern, es werden Petitionen eingereicht (die in der Regel von den politischen Entscheidern ignoriert werden) und es gibt lokale Protestaktionen. Aber die Realität: Diese Maßnahmen kommen leider fast immer zu spät.
Ich wünsche mir, dass Sie bei diesen Themen „am Ball bleiben“. Es braucht das Engagement von Bürgern wie Sie!
Mit besten Grüßen
Dr. med. Thomas Strohschneider Facharzt für Allgemein- und Gefäßchirurgie Chefarzt a. D. Buchautor
www.krankenhaus-im-ausverkauf.de “
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