Herrn Landrat Winfried Becker Parkstraße 6 34576 Homberg/Efze
Betr. Standort Melsungen Klinik / Klinikneubau vorantreiben Bezug: Ihr Schreiben vom 19.11.2024
Sehr geehrter Herr Landrat Becker,
Wir danken für Ihr Schreiben vom 19.11.2024.
Unabhängig Ihres o.a. Schreibens begehrt die Bürgerinitiative weiterhin die Akteneinsicht in nachfolgende Vorgänge:
• Kompletten Kauf/Übergabevertrag der Klinik in Melsungen zwischen dem Schwalm-Eder-Kreis und der Asklepiosfirmierung nebst allen Anlagen aus 2006 (19.12.2006),
- Rechtsgutachten der PWC, Frankfurt, die dazu führte, dass der einstimmige Klagebeschluss des Kreistages aus 2021 durch den Kreisausschuss bis heute nicht umgesetzt wurde,
• Sachstand und Akteneinsicht zu dem aktuell geplanten MVZ (ambulante und stationäre Versorgung am Standort Melsungen mit der Klinik in Rotenburg und dem Klinikum Hessisch-Lichtenau.
- Einsicht in alle vom Kreisausschuss bzw. Gesundheitsdezernenten und Ihnen etwaig abgegebenen Verschwiegenheitserklärungen im Zusammenhang mit dem Klinikvorgang in Melsungen in der Vergangenheit bis aktuell.
Und zwar aus dem Grundsatz des Öffentlichen Interesses und der Transparenz.
Kommunalpolitiker- und Beamte haben eine besondere Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit, das heißt, dass sie im Interesse der Bürgerinnen und Bürger handeln müssen, welches ein hohes Maß an Transparenz einschließt.
Da eine Neuausrichtung eines Krankenhauses /MVZ (intersektorales Gesundheitszentrum) erhebliche Folgen für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung hat, gibt es ein berechtigtes Öffentliches Interesse an den Verhandlungen mit potenziellen möglichen Klinikbetreibern und der Art der Neugestaltung. Etwaige Verschwiegenheitserklärungen dürfen daher nicht dazu führen, dass die Bürger über wesentliche Entwicklungen im Unklaren gelassen werden.
Und unabhängig davon mache ich hiermit erneut als Bürger und gleichzeitig als Sprecher der o.a. Bürgerinitiative ein rechtliches Interesse an der Kenntnis der v.g. Informationen und Akteneinsicht geltend, da der Kreisausschuss den einstimmigen Beschluss auf Klageerhebung gegen die Asklepiosfirmierung nicht umgesetzt hat und damit eine Rechtspflichtverletzung begangen hat.
Der Kreistagsbeschluss auf Klageerhebung vom 22.02.2021 war eindeutig auf Klageerhebung formuliert.
Daran ändert sich auch nichts aufgrund des Beschlusses des Kreistages vom 30.09.2024 bezüglich des Ergebnisses des Akteneinsichtsausschusses, welches zum Ergebnis kam, dass eine Klageerhebung gegen den ehemaligen Klinikbetreiber Asklepios nicht aussichtsreich war und somit ein Fehlverhalten des Kreisausschusses nicht feststellbar sei und keine Rechtspflichtverletzung begangen habe, denn auch der Akteneinsichtsausschuss kann den vom Kreistag einstimmigen Klagebeschluss vom 22.02.2021 nicht aufheben oder ersetzen.
Auch ist fraglich, ob der Akteneinsichtsausschuss überhaupt das Rechtsgutachten der Firma PWC, Frankfurt, im Ergebnis korrekt in der rechtlichen Tragweite beurteilen konnte.
Im Übrigen ist auch fraglich, ob Fristen durch den Kreisausschuss (Abmahnfristen, Verjährungsfristen, Bindungsfristen) versäumt wurden, um Ansprüche gegen Asklepiosfirmierung geltend zu machen, so dass der Versorgungsauftrag laut dem Krankenhausplan und dem damaligen Fest-stellungsbescheid nicht mehr gewährleistet war und ist und somit eine notwendige Notfallversorgung am Klinikstandort in Melsungen nicht mehr gegeben ist, was ebenfalls eine Verletzung der Rechte der Melsunger Bevölkerung mit seinem Umland darstellen dürfte.
Ihre Aussage im Schreiben vom 19.11.2024, dass alle Fraktionen zu dem Ergebnis gelangt seien, dass dem Kreisausschuss kein Fehlverhalten im Zusammenhang mit den Verhandlungen über den Krankenhausstandort Melsungen vorzuwerfen sei und alle politisch Verwantwortlichen im Laufe des Verhandlungsprozesses zur Kenntnis nehmen mussten, dass ein Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung am Standort Melsungen keine Zukunft mehr haben würde, ist so uneingeschränkt nicht korrekt.
So schreibt die CDU-Fraktion im Kreistag in ihrer Stellungnahme vom 26.04.2024 zum Akteneinsichtsausschuss Krankenhaus Melsungen, dass gerade vor dem Hintergrund (Fortschreibung im Hess. Krankenhausplan, bei dem Melsungen weiterhin als Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung sowie als für die Notfallversorgung unverzichtbar Standort fortgeführt sei) es als „erstaunlich zu bezeichnen“ sei, dass der „qualitative Umfang des Sicherstellungsauftrages sowohl durch den Schwalm-Eder-Kreis als auch durch das HMSI nicht weiter beleuchtet“ worden sei. Und weiter: „Allerdings erfolgte nur unzureichend eine Information über bestehende Hemmnisse in den laufenden Gesprächen mit den potenziellen neuen Betreibern“ (im Zusammenhang der Handlungen des KreisAusschusses und der zeitlichen Information). Und weiter: „Insofern sind zahlreiche zeitliche Verzögerungen in den Verhandlungen und umfangreiche juristische Bewertungen alleine für die Erstellung von verbindlichen Absichtserklärungen bzw. LOis“ (Letter of Intent / u. a. Erwerb des Klinikums) „wenig überraschend. Auffällig (sei) jedoch, dass Asklepios bei den Verhandlungen stets darauf bestand, dass der Schwalm-Eder-Kreis das laufende Abmahnverfahren aussetzt, obwohl man dessen Verbindlichkeit bezogen auf die Übergangsverträge aus dem Jahr 2006 seitens Asklepios vehement bestritt“ … und später weiter: „Demgegenüber trat der Schwalm-Eder-Kreis als Gesprächspartner auf, ohne dass die eigene Rolle bei einem möglichen Betriebsübergang des Krankenhauses Melsungen, hinlänglich beleuchtet wurde.“
Auch die FWG und Piraten Schwalm-Eder schrireben in der Stellungnahme vom 30.04.2024: „Ein erheblicher Anteil des Verhandlungszeitraumes von ca. 13 Monaten wurde dabei allerdings nicht für die Sache, sondern zur Abstimmung über den Inhalt der Vertraulichkeitserklärungen und Absichtserklärungen (Letter of Intent; LOI) der möglichen Vertragspartner verwendet. Ein bedauerlicher Zeitverlust, der sich auch bei den Verhandlungen mit dem Hospital zum Heiligen Geist gGmbH ergeben hat, ist dem Misstrauen konkurrierender Unternehmen geschuldet und konnte seitens des Schwalm-Eder-Kreises weder beeinflusst noch vermieden werden.“
Ebenso hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Abschlussbericht angemerkt, dass eine „Beurteilung möglicher Vorteile einer zeitlich früheren Einbindung“ aufgrund der Aktenlage nicht beurteilt werden konnte (bezogen auf eine frühere Klage in 2021).
Festzustellen ist aus dem v. G. nach wie vor ein berechtigtes Interesse zur Akteneinsicht der v. g. Unterlagen wie beschrieben von mir als Bürger wie auch der Bürgerinitiative!
Ich bitte Sie, sehr geehrter Herr Landrat Becker, erneut, das Anliegen unserer Bürgerinitiative zu unterstützen und -wie auch wir es wollen- miteinander und nicht gegeneinander für das Wohl einer funktionierenden Klinik am Standort Melsungen einzusetzen.
Es wäre nach wie vor schön, wenn Sie das Krankenhaus Melsungen zu Ihrer „Chefsache“ erklären könnten und selbst federführend den Klinikbau vorantreiben könnten.
Schließlich baten wir Sie mit unserem Schreiben vom 21.10.2024, mit uns ggf. ein Treffen zu ermöglichen, bei dem wir unsere Vorstellungen für eine Klinik in Melsungen vorstellen können.
Auf diesen Passus sind Sie leider in Ihrem Antwortschreiben vom 19.11.2024 nicht näher eingegangen.
An dieser Bitte an Sie halten wir fest und würden uns freuen, wenn Sie alsbald ein Treffen mit den Vertretern der BI vereinbaren würden.
Im Schreiben vom 21.10.2024 erwähnten wir auch ein Telefonat vom 18.10.2024 mit Herrn Kaufmann, stv. Landrat und Dezernent für Gesundheit im Schwalm-Eder-Kreis und unserer Anfrage nach einem Termin zum Treffen bei ihm im Amt, bei dem er angab, dass er dazu keine Zeit hätte.
Wir bitten Sie erneut als sein Dienstvorgesetzter ihn anzuweisen, mit uns ein persönliches Gespräch zeitnah vor Ort zu führen und uns wie v. g. ausgeführt, Akteneinsicht zu gewähren.
Insoweit können Sie dieses Schreiben auch als Dienstaufsichtsbeschwerde Herrn Kaufmann gegenüber werten und wir bitten Sie, diese Dienstaufsichtsbeschwerde zu diesem Punkt als solche zu bearbeiten!
Mit freundlichen Grüßen
Roy Knauf